"Wenn ich wüsste, dass Morgen die Welt unterginge, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen! (Zitat v.Martin Luther)
Wir Menschen, die in den großen Städten wohnen haben kaum eine Gelegenheit einen Baum zu pflanzen. Dürfen wir eigentlich noch so einfach einen Baum pflanzen, was sagt denn dazu die EU?
Vor zwei Jahren pflanzte ich als Großstadtkind aus Berlin den ersten Baum in meinem Leben in Stuttgart, einen kleinen Birnbaum. Es ist eine große Freude diesen Baum wachsen zu sehn. Im vergangenen Jahr pflanzte ich einen Gingko und verschiedene Obst-Sträucher.
Eine Baumgeschichte von Heinz Körner aus dem Buch
"Die Farben der Wirklichkeit"
Eine Baumgeschichte
Es war einmal ein Gärtner. Eines Tages nahm er seine Frau bei der Hand und
sagte: Komm, Frau, wir wollen einen Baum pflanzen. Wenn du meinst mein
lieber Mann, dann wollen wir einen Baum
pflanzen. Sie gingen in den Garten und pflanzten einen Baum.
Es dauerte nicht
lange, da konnte man das erste Grün zart aus der Erde sprießen sehen. Der Baum,
der eigentlich noch kein Baum war, erblickte zum ersten mal die Sonne. Er fühlte
die Wärme ihrer Strahlen auf seinen Blättchen und streckte sich ihnen hoch
entgegen. Er fand es wunderschön auf der Welt zu sein und zu wachsen.
Schau sagte der Gärtner zu seiner Frau, ist er nicht schön unser Baum? Der
Baum begann größer und höher zu wachsen und reckte sich immer weiter der Sonne
entgegen. Er fühlte den Wind und spürte den Regen, genoss die warme Erde um
seine Wurzeln und war glücklich. Und jedes Mal, wenn der Gärtner und seine Frau
nach ihm sahen, ihm mit Wasser tränkten und ihn einen schönen Baum nannten,
fühlte er sich wohl. Denn da war jemand, der ihn mochte ihn hegte, pflegte und
beschützte. Er wurde lieb gehabt und war nicht allein auf der Welt.
So wuchs er
zufrieden vor sich hin und wollte nichts weiter als leben und wachsen, Wind und
Regen spüren, lieb gehabt werden und andere lieb haben. Eines Tages bemerkte der Baum, dass es besonders schön war, ein wenig nach
links zu wachsen, denn von dort schien die Sonne mehr auf seine Blätter. Also
wuchs er ein wenig nach
links.
Schau, sagte der Gärtner zu seiner Frau, unser Baum wächst schief, seit
wann dürfen Bäume schief wachsen und dazu noch in unserem Garten? Ausgerechnet
unser Baum! Bäume dürfen nicht schief wachsen. Seine Frau gab ihm natürlich
recht. Hol also nun unsere Schere, denn wir wollen unseren Baum gerade
schneiden. – Der Baum weinte--.
Die Menschen, die ihn bisher so lieb gehabt
hatten, denen er vertraute, schnitten ihm die Äste ab, die der Sonne am nächsten
waren. Er konnte nicht sprechen und deshalb nicht fragen. Er konnte nicht
begreifen. – Aber sie sagten ja, dass sie ihn lieb hätten und es gut mit ihm
meinten. Und sie sagten, dass ein richtiger Baum gerade wachsen müsse. Er wuchs
nicht mehr der Sonne
entgegen. Ist er nicht brav, unser Baum? fragte der Gärtner seine Frau. Sicher,
lieber Mann, du hast wie immer recht. Unser Baum ist ein braver Baum.
Der Baum begann zu verstehen.
Wenn er machte, was ihm Spaß und Freude
bereitete, dann war er anscheinend ein böser Baum. Er war nur lieb und brav,
wenn er tat, was der Gärtner und seine Frau von ihm erwarteten. Also wuchs er
jetzt strebsam in die Höhe und gab darauf acht, nicht mehr schief zu
wachsen.
Sieh dir das an, sagte der Gärtner eines Tages zu – wem? Unser Baum
wächst unverschämt schnell in die Höhe. Gehört sich das für einen Baum? - Aber nein lieber Mann, das gehört sich natürlich
nicht. Unser Nachbar meint, dass Bäume bescheiden sein sollen, ihrer wachse auch
schön langsam. Der Gärtner lobte seine Frau, dass sie etwas von Bäumen verstehe
und schickte sie dann die Schere holen.
Sehr lange weinte der Baum in dieser Nacht. Warum schnitt man ihm einfach
die Äste, die dem Gärtnerehepaar nicht
gefielen? Schau her Frau, sagte der Gärtner, wir können stolz sein auf unseren
Baum. Und seine Frau gab ihm wie immer recht...........
Der Baum wurde trotzig. Nun gut, wenn nicht in die Höhe, dann in die
Breite. Sie würden ja schon sehen, wohin sie damit kommen. Schließlich wollte er
ja nur wachsen, Sonne, Wind und Erde fühlen, Freude habe und Freude
bereiten.
In seinem Innern spürte er ganz genau, dass es richtig war, in die Breite
zu wachsen. Also wuchs er jetzt in die Breite.
Das ist doch nicht zu fassen. Stell dir vor, unser Baum wächst in die
Breite und holte die Schere. Das könnte ihm so passen. Das scheint ihm ja
richtig Spaß zu machen. So etwas können wir auf keinen Fall dulden. Und seine
Frau pflichtete ihm bei: Das können wir nicht zulassen. Dann müssen wir ihn
wieder zurecht stutzen.
Der Baum konnte nicht mehr weinen, er hatte keine Tränen mehr. Er hörte
auf zu wachsen. Ihm machte das Leben keine rechte Freude mehr. Immerhin, er
schien nun dem Gärtnerpaar zu gefallen. Wenn auch alles, keine rechte Freude
mehr bereitete, so wurde er wenigsten richtig lieb gehabt, so dachte der
Baum.
Viele Jahre später kam ein kleines Mädchen mit seinem Vater am Baum
vorbei. Er war inzwischen erwachsen geworden, der Gärtner und seine Frau waren
stolz auf ihn. Er war ein rechter und anständiger Baum geworden.
Das kleine Mädchen blieb vor ihm stehen. Papa, findest du nicht, dass der
Baum traurig aussieht? Mmh, ich weis nicht, sagte der Vater. Als ich noch so
klein war, wie du, habe ich so was noch sehen können. Aber der Baum sieht
wirklich traurig aus. Das Mädchen sah mitfühlend den Baum an. Den hat
bestimmt niemand richtig lieb. Schau mal wie ordentlich der gewachsen ist.
Ich
glaube, der wollte mal ganz anders wachsen, durfte aber nicht und deshalb ist er
jetzt traurig. Vielleicht, antwortete der Vater, aber wer kann schon wachsen wie
er will? - Warum denn nicht?-, wenn jemand den Baum wirklich lieb hat, dann
lässt er ihn doch einfach wachsen, oder nicht? Er tut doch niemand was
zuleide.
Erstaunt und auch erschrocken blickte der Vater sein Kind an. Weißt du,
keiner darf so wachsen, wie er will, weil sonst die Anderen merken würden, dass
auch sie nicht so gewachsen sind, wie sie
wollten. Das verstehe ich nicht,
Papa.
Sicher Kind, du kannst das noch nicht verstehen. Auch du bist vielleicht
nicht immer so gewachsen, wie du wolltest. Auch du durftest nicht.—Aber warum
denn nicht, Papa? Du hast mich doch so lieb und Mama auch, oder?
Der Vater sah sie eine Weile nachdenklich an, ja sicher, wir haben dich
sehr sehr lieb. Dann gingen sie weiter.